Fast 90 Menschen kamen im Kirchenpavillon der Kreuzkirche in Bonn zusammen, um an der Podiumsdiskussion zur Bekämpfung von Kinderarmut teilzunehmen. Sie waren der Einladung des Runden Tisches gegen Kinderarmut (RTKA) und des evangelischen Forums gefolgt, genauso wie die sechs Kandidierenden für die Bundestagswahl 2025, die nach ihrer politischen Positionsbestimmung auch dem Publikum Rede und Antwort standen.
Der Runde Tisch gegen Kinder- und Familienarmut setzt sich schon lange für die Einführung einer Kindergrundsicherung ein, überzeugt, dass damit Kinderarmut bekämpft werden kann. Zum Einstieg ins Podium befragte der Moderator der Veranstaltung, Ulrich Hamacher, die Kandidierenden zu ihren Ansätzen um das Problem zu überwinden. Die Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen, Kathrin Uhlig, forderte, dass Eltern über ihnen zustehende Leistungen besser informiert werden müssten. Zu selten würden diese abgerufen. Sie machte sich darüber hinaus für einen „Neustart der Kindergrundsicherung“ stark, eine Position, die auch Jessica Rosenthal (SPD) vertrat. Rosenthal trat zudem für die Stärkung von Bildungs- und Betreuungsangeboten in Kitas und Schulen sowie für kostenfreies Mittagessen aller Kinder ein.
Professor Dr. Hendrik Streeck (CDU) fragte kritisch, warum die SPD ihre Vorschläge zur Kindergrundsicherung in Regierungsverantwortung bisher nicht umgesetzt habe. Streeck sprach sich seinerseits nicht explizit für die gesetzliche Implementierung der Kindergrundsicherung aus. Er betonte aber, die CDU setze sich ebenfalls für einen niederschwelligen, automatischen Kindergeldbezug, Familienlotsen und kostenfreie Mahlzeiten ein. Als Kandidat für „Volt“ trat Thomas Peter für eine stärkere Entbürokratisierung ein. Außerdem drückte er dem System der Grundsicherung einen Stempel als Stigma von Armut und Langzeitarbeitslosigkeit auf. „Volt“ plädiere deshalb für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Jürgen Repschläger (Die Linke) konnte als einziger Diskutant benennen, wo seine Partei das Geld für das Kindergrundsicherungs-Modell mit Basisbetrag, gestaffelten Zuschlägen und Sonderleistungen kommen soll: „Mit einem gerechten Steuersystem, das die Mehrheit entlastet“. Anna Heimann (FDP) sprach sich gegen ein „Gießkannenprinzip“ aus und plädierte für gezielte Hilfen.
Aus dem Publikum meldete sich ein Schulsozialarbeiter zu Wort, der unterstrich, dass überbordende Bürokratie Familien oft daran hindere, Leistungen zu beantragen. Er widersprach außerdem der häufigen Unterstellung, das Geld käme nicht bei den Kindern an. Mehrere Wortmeldungen kritisierten außerdem vehement die Tatsache, dass in Sachen Kindergrundsicherung politisch „nichts passiert“ sei. Im Koalitionsvertrag von 2021 ist der Auftrag zur Einführung der Kindergrundsicherung verankert, eine Umsetzung ist nicht erfolgt.
Die Diskussion verlief auch mit den Teilnehmenden intensiv und am Ende der zweistündigen Veranstaltung stand der partei- und publikumsübergreifende Appell: Nur mit einer demokratischen Mehrheit können nachhaltige Veränderung zugunsten von benachteiligten Kindern und Familien erreicht werden. Diese muss allerdings dann auch liefern.
Im Vorfeld zur o.g. Veranstaltung hat der RTKA zum Jahresende 2024 die Kandidierenden für den Bundestag um ihre Stellungnahme zu den Fragen und Forderungen aus dem Positionspapier des RTKA zur Bundestagswahl 2025 rund um die Themen „Kindergrundsicherung“, „Bürgergeld“, „Wohnen“, „Schuldenbremse“ und „Menschenrechte geflüchteter Menschen sichern“ gebeten.
Hier finden Sie die Antworten der Bundestagskandidat:innen: Link