Diplom-Volkswirtin, 52 Jahre alt
Beruflich tätig als Interims-Geschäftsführerin in gemeinnützigen Einrichtungen.

„Als Unternehmerin und Mutter von vier Kindern ist mein Leben seit 30 Jahren eng mit Bonn verwoben.
Ich engagiere mich für wichtige Bürgerthemen, aber besonders für eine liberale Sozial- und Gesundheitspolitik. Denn eine funktionierende Stadtgesellschaft ist dieBasis für ein eigenverantwortliches chancenreiches Leben.“


Welchen Stellenwert hat die Bekämpfung von Kinderarmut für Sie?

Es hat für uns den Stellenwert, den auch Ihr Fragenkatalog widerspiegelt: Stelle 1, denn Kinder sind unsere Zukunft. Deshalb steht für uns an erster Stelle, allen Kindern gleiche Lebenschancen zu eröffnen. Allerdings verzerrt für uns die Bewertung von „Kinderarmut“ an einem Medianeinkommen das Problem und unterschlägt, dass unser Sozialstaat eine Fülle von Unterstützung bietet.


Was sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten Punkte/kommunalen Maßnahmen, um Kinderarmut zu bekämpfen?

a) Einführung einer zentralen Koordinierungsstelle, die die bestehenden Hilfsangebote zielgerichtet zugänglich macht
b) Abbau von Bürokratie, damit sich Familien nicht als Menschen zweiter Klasse vorkommen
c) Bestehende Leistungen ausschöpfen


Mit welchen Maßnahmen und Strategien werden Sie der materiellen Unterversorgung begegnen? Was wollen Sie insbesondere tun, um die materiellen Voraussetzungen für ein bedarfsgerechtes Wohnen, eine gesunde Ernährung, umfassende Bildung und Teilhabe junger Menschen und Familien zu sichern?

Für uns ist Kinderarmut nicht allein finanzielle Armut, sondern vor allem Mangel an Chancen und Teilhabe. Für uns findet Kinderarmut auch in allen Gesellschaftsschichten statt. Wir sehen die Lösung nicht in weiteren finanziellen Mitteln, sondern in Unterstützung im tagtäglichen Leben. Es gibt aus Bundes- und Landesprogrammen bis hin zum Bonnausweis eine Fülle von finanzieller Unterstützung, die jedoch von den Menschen nicht umfassend in Anspruch genommen wird. Wir sehen hier, dass wir neu denken müssen, wie wir Familien neu erreichen. Zunehmend sehen wir die Verschuldung auch junger Menschen als Risiko und fördern hier bereits kommunal die Schuldnerberatung mit einem Jugendprojekt, das auch in die Schulen geht.


Welche Maßnahmen soll die Stadt Bonn ergreifen, um die Gesundheit sozial- und bildungsbenachteiligter Kinder und Jugendlicher zu fördern?

Es gibt keine aktuelle Untersuchung, die derzeit eine statistisch signifikant auffällige gesundheitliche Benachteiligung nachweist außer bei der Zahnpflege. Seit Jahren gibt es deshalb hierzu die zahnärztlichen Schulbesuche. Die kinderärztliche Versorgung in Tannenbusch haben wir im Mai bereits angestoßen und die Verwaltung damit beauftragt, mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung eine Lösung zu schaffen. Ansonsten ist die kinderärztliche Versorgung gedeckt. Auch hier sehen wir, dass Familien die Angebote der Untersuchungen nicht annehmen. auch hier müssen wir die Erreichbarkeit dieser Familien neu aufsetzen. Den Schulsport ist zentral wichtig, die Mitgliedschaft in Sportvereinen wird bereits über das Bildungspaket gefördert.


Welche Schritte und Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die Voraussetzungen für ein an den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen ausgerichtetes Lernen und Leben in Schulen und an außerschulischen Lernorten zu ermöglichen?

Für Kinder, die Hilfe brauchen, wollen wir die Schulsozialarbeit weiter ausbauen und werden uns für weitere Landesmittel dafür einsetzen. Ebenso ist uns wichtig, mentale Beeinträchtigungen frühzeitig zu erkennen und den Kindern zu helfen. Kommunal unterstützen wir Lerngruppen über das Bildungspaket hinaus für diejenigen, die sich eine Nachhilfe nicht leisten können. Jugendeinrichtungen und Quartierseinrichtungen sollen ebenfalls Lernorte einrichten. Wir setzen uns für kostenlose Museumsbesuche ein und fordern die Schulen auf, Bibliotheken regelmäßig zu besuchen. Bonn hat an Bildung viel zu bieten, hierzu unterstützen wir die Öffnung der Schulen zu mehr außerschulischen Aktivitäten. Zusätzlich wollen wir den Bonn-Ausweis selbstverständlich erhalten.


Welche Schritte und Maßnahmen werden Sie ergreifen, um eine umfassende Teilhabe von Kindern und Jugendlichen in deren Sozialbereich und in zunehmendem Alter im gesamten Bereich der Stadt Bonn zu ermöglichen und sicher zu stellen? Wie wollen Sie insbesondere die Kinder-und Jugendarbeit und die Jugendsozialarbeit in Bonn stärker unterstützen?

Die Kinder- und Jugendsozialarbeit ist in Bonn gut aufgestellt. Unser Ansatz ist dabei, die Kinder und Jugendlichen mehr in ihren Stärken zu fördern. Auch hier setzen wir den Fokus auf alle Jugendlichen in der Gesamtbevölkerung, denn der eingeschränkte Blick auf „sozial Benachteiligte“ erfasst die Lage nicht. Wir haben zunehmend mit Vereinsamung, mit Mobbing und Leistungsdruck zu tun. Auch hier brauchen Kinder und Jugendliche Unterstützung, wenn sie diese im Elternhaus nicht erfahren. Und hier ist wiederum Schule der Ort, an dem diese Beeinträchtigungen auffallen und aufgegriffen werden können.


Und wie wollen Sie die Teilhabemöglichkeiten insbesondere sozial- und bildungsbenachteiligter junger Menschen u.a. auch von Migrant*innen fördern und erweitern?

Mit Ihrer Frage setzen Sie voraus, dass sozial benachteiligte Menschen keine Teilhabemöglichkeiten haben. Das sehen wir anders. Sozial benachteiligt ist ein weiter Begriff. Häufig erfahren wir von Familien, dass sie gar nicht als „arm“ stigmatisiert werden wollen, weil sie in der Gesellschaft gut eingebettet sind und sich weder über ihr Einkommen noch über Almosen definieren lassen möchten. Diese Familien und ihre Kinder wollen wir stärken und und ihnen mit Sachangeboten weitere Chancen eröffnen. Für Menschen mit Migrationshintergrund leistet Bonn sehr viel mit seinen mannigfaltigen Vereinen und Ehrenamtlern. Auch die Vermittlung von Ausbildungsplätzen funktioniert nach Angaben des Jobcenter besser als im bundesweiten Durchschnitt. Wir fordern jedoch auch ein, dass sich Kinder und Jugendliche engagieren und ihre Möglichkeiten nutzen.


Wie wollen sie so genannte „Schulverweigerer“, Schüler*innen ohne Abschluss und Migrant*innen gesellschaftlich (re)integrieren?“

Schulverweigerer und zunehmend auch Systemsprenger benötigen eine neue, offene Form der Betreuung, die sich derzeit in unserem System so nicht findet. Auch hier ist eine Änderung durch die Landesregierung notwendig, um ein offenes Betreuungsangebot zu schaffen und zu bezahlen. Daran wird bereits gearbeitet. Kommunal können wir mit Hilfer der derzeitigen Trägerlandschaft schnell ein Betreuungsangebot schaffen für alle die, die sich betreuen lassen wollen.


Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um die Umsetzung aller Kinderrechte in Bonn zu verbessern?

Wir sehen in Bonn keine Kinderrechte verletzt.


Wie wollen Sie die Landes- und Bundesregierung zu größerer Unterstützung anregen, um zum einen die massiv bestehende Kinderarmut ins Bewusstsein zu rufen als auch eine Bekämpfung dieser zu forcieren?

Wir sind im steten Kontakt mit unserem Minister für Jugend, Familie und Integration und haben mit unserer Landtagsabgeordneten als schulpolitische Sprecherin einen direkten Draht ins Schulministerium. Wir sind hier nah dran am Geschehen und die gesellschaftlichen Beobachtungen aus Bonn fließen unmittelbar in die Entscheidungen ein.