Am 29. März 2022 begeht der „Runde Tisch gegen Kinder- und Familienarmut“ (RTKA) ein trauriges Ereignis: das nunmehr 15-jährige Bestehen dieser mittlerweile zur Institution gewordenen Einrichtung in Bonn, initiiert am 29. März 2007 von der gewerkschaftlichen Arbeitslosengruppe im DGB Kreisverband Bonn/Rhein-Sieg. 

Bereits 1994 hatten Caritas und Diakonie in einem Armutsbericht für die Stadt Bonn auf die Problematik der Kinder- und Familienarmut hingewiesen. Die Situation in Bonn war und ist dadurch gekennzeichnet, dass es einerseits Menschen mit einem guten Verdienst gibt, andererseits Menschen in großer Armut leben müssen. Insgesamt besteht in der Stadt Bonn eine Arbeitslosigkeit von 7,1% (Stand Ende Februar 2022). Fast 9.500 Menschen sind auf Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) angewiesen. Dies betrifft auch viele Bonner Kinder. Die Armutsquote liegt bei über 20%, d. h. jedes fünfte Kind. 

Wer ist der RTKA? 

Der „Runde Tisch gegen Kinder- und Familienarmut“ (RTKA) setzt sich zusammen aus vielfältigen Gruppen wie z.B. Kinderschutzbund, Wohlfahrtsverbänden, gewerkschaftlichen Gruppen, Attac, Kinder- und Jugendring und vielen engagierten Einzelpersonen sowie Politiker:innen der im Rat der Stadt Bonn vertretenen Parteien. Auch Mitarbeitende der städtischen Verwaltung nehmen regelmäßig an den Sitzungen des RTKA teil. Der RTKA ist offen für die Mitwirkung von Personen und Gruppen, die sich für die Verbesserung der Situation von Kindern und Familien einsetzen möchten. 

15 Jahre RTKA in Bonn – Situation, Probleme und Herausforderungen 

Wenn ein Runder Tisch gegen Kinder- und Familienarmut seinen 15. Jahrestag begeht, ist das der Anlass für eine kritische Betrachtung und führt in diesem Fall zur bedauernswerten Feststellung, dass sich an dem grundsätzlichen Problem nichts geändert hat. Und das heißt für den RTKA, weiter aktiv bleiben zu müssen.
Immerhin: Bei ihrem Besuch einer Sitzung des RTKA hat die Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner kürzlich zugesagt, gemeinsam mit dem RTKA eine kommunale Strategie zur Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut in Bonn zu entwickeln. Erfreut nehmen die Mitglieder zur Kenntnis, dass bereits erste Maßnahmen ergriffen wurden, die sich durch hohe Fachlichkeit und großes Engagement der Beteiligten auszeichnen. 

Es tut Not: Angesichts der mit drei Euro viel zu gering ausgefallenen Erhöhung des Eckregelsatzes auf 449 Euro zu Beginn des Jahres 2022 hat sich die Armut für Kinder und Familien auch in der vergleichsweise reichen Stadt Bonn weiter verschärft. Die galoppierende Inflation u.a. der Anstieg bei Lebensmitteln um 4,6%, bei Gemüse sogar um 9%, die coronabedingten Mehrausgaben und die massiv gestiegenen Energiepreise führen dazu, dass für viele Kinder und Familien am Ende jeden Monats zu wenig oder gar kein Geld für ein existenzsicherndes menschenwürdiges Leben und gesellschaftliche Teilhabe mehr übrig ist.
Besondere Sorge bereiten dem RTKA die Auswirkungen der stark gestiegenen Strompreise für arme Familien mit Kindern. Die u.a. deswegen auf der Bundesebene geplanten Maßnahmen – monatlich 20 Euro Kindersofortzuschlag ab Juli 2022, ein zusätzlicher Kinderbonus und Einmalzahlungen für erwachsene Leistungsbezieher – sind völlig unzureichend. Damit werden die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes vom 23. Juli 2014 missachtet. Der RTKA fordert daher schon länger eine existenz- und teilhabesichernde Kindergrundsicherung, die den besonderen Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen gerecht wird.
Damit allein ist es aber nicht getan: Dringlich erforderlich sind u.a. Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Infrastruktur von vor der Geburt bis zum Erwachsenenalter, ein familiengerechter sozialer Wohnungsbau, personell und qualitativ an den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen ausgestattete Bildungseinrichtungen sowie Maßnahmen zum Erhalt einer intakten Umwelt und eines Klimas für jetzige und künftige Generationen. Angesichts der Veränderungen in der Arbeitswelt muss ein lebenslanges Lernen ermöglicht werden. 

Ausblick 

Der RTKA in Bonn wird seine Aktivitäten auf kommunaler, Landes- und Bundesebene fortsetzen. Dazu gehören u.a. Befragungen und Gespräche mit Kandidat:innen der Parteien und Vertreter:innen in den Parlamenten.
So gibt die Podiumsdiskussion am 6. Mai 2022 auf dem Xtra-Platz vor der Kreuzkirche Gelegenheit, die Kandidat:innen der Parteien für den Landtag NRW zum Thema zu befragen. Ende Mai sind dann Gespräche mit den Bundestagsabgeordneten aus Bonn vorgesehen.